Die Welt steht Kopf!
Thomas écrit une lettre à Sabine, une camarade de classe, qui a quitté la RDA en août 1989 pour se réfugier à l’Ouest, sans savoir que le Mur de Berlin allait tomber quelques mois plus tard…
Liebe Sabine!
Ich wollte Dir früher
schrieben. Aber die Ereignisse haben mich so überrollt, dass ich jegliches
Zeitgefühl verloren habe.
Ich glaube, für uns alle
hier hat eine neue Zeitrechnung angefangen: vor dem 9. November und nach dem 9.
November.
Ach, Sabine, wenn Du
unsere Lehrer erleben würdest! Sie haben richtig Angst vor ihren Schülern,
jedenfalls einige. Stell Dir vor, nach dem 9. November haben fast alle aus
unserer Klasse ein paar Tage geschwänzt. Keiner hat etwas gesagt. Ob die nun in
den Westen gefahren sind oder nicht. Schule gab es einfach nicht für uns. Auch
der Liebling aller Lehrer, unser superüberzeugter FDJ-Funktionär(1) Klaus, hat
gleich eine Woche blau gemacht(2). Als er wieder in die Klasse kam, waren wir
alle sprachlos. Aus unserem blassen, stets langweilig gekleideten Klaus ist ein
echter Bundi(3) geworden. Lederhose, schrilles Hemd, schwarze Schuhe mit
Silberschnalle (4). Das ist jetzt der Trend (5) war sein Kommentar. Klaus hat
plötzlich eine ältere Schwester in Köln. Sie hat ihn eine Woche verwöhnt. Nie
hat er von seiner Schwester im Westen geredet, hat sich immer über die anderen
mokiert, die Pakete von drüben bekamen. Überhaupt komme ich aus dem Staunen
nicht heraus, wer plötzlich alles Westkontakte hat. Bei manchen habe ich allerdings
das Gefühl, sie kramen noch die entfernteste Tante aus (6), um mit
Westverwandtschaft anzugeben(7). Unser Klaus ist also der erste Wendehals (8),
den ich kennengelernt habe.
Das hat ihm aber alles
nichts genutzt. Ich wurde zum Klassensprecher gewählt, nicht er. Wir haben
geheim abgestimmt (9). Wenn man bedenkt, dass wir nie einen Klassensprecher
hatten!
Den Klassenraum haben
wir auch verändert. Das Honecker-Bild (10) kam auf den Müll, einige von uns
haben sogar ihre Schulbücher verbrannt. Die Sitzordnung wurde verändert. Wir
sitzen uns jetzt im Kreis gegenüber. Die vergammelten (11) Klassenwände haben
wir mit Postern geschmückt. Unsere Wandzeitung vertritt jetzt nicht mehr nur
eine, nämlich die richtige Meinung, sondern ganz unterschiedliche. Eine einzige
Wahrheit soll es für uns nicht mehr geben. Jedenfalls hat sich das unsere
Klasse geschworen (12).
Mit unseren Lehrern ist
es schon komisch. Sie sind total verunsichert und wissen nicht, was sie jetzt
unterrichten sollen.
Ständig werden wir nach
unserer Meinung gefragt. Das ist ganz schön anstrengend. Früher waren sie froh,
wenn wir den Mund gehalten haben, jetzt sollen wir alles kritisch betrachten.
Also, die Welt steht
Kopf!
Liebe Sabine, sei für
heute gegrüßt von Thomas, dem ersten Klassensprecher von Leipzig.
Wann kommst Du?
Dein Thomas
Karin
König, Ich fühle mich so fifty-fifty, 1991
1-
FDJ:
Freie Deutsche Jugend = organisation de la jeunesse dans l’ex-RDA;
2-
blau machen = schwänzen
3-
der Bundi : (vient de Bundesrepublik) = der
Wessi : surnom donné par les Allemands
des Länder de l’Est aux
Allemands des Länder de l’Ouest.
4-
die
Silberschnalle : la boucle d’argent
5-
der
Trend= la tendance, la mode
6-
auskramen= dénicher
7-
angeben : se vanter
8-
der
Wendehals= celui qui retourne sa veste
9-
abstimmen= wählen
10- Honecker= ehemaliger Staatschef der DDR
11- vergammelt= délabré
12- schwören= jurer
1)
Richtig oder
Falsch? Schreiben Sie ob der Satz „Richtig oder Falsch“ ist und finden Sie die
Erklärung im Text.
a)
Der Erzähler
hat Sabine nicht früher geschrieben, weil er in den Westen gefahren war.
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b)
Vor der
Wende war Klaus Klassensprecher.
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c)
Bei der Wahl
des Klassensprechers sind die Schüler manipuliert
worden.
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d)
Die
Autorität der Lehrer ist nicht mehr, was sie war.
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e)
Thomas
ironisiert über die Westkontakte seiner Mitschüler.
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f)
Zur Zeit der
DDR haben viele Westdeutsche den Ostdeutschen
geholfen.
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g)
Nach wie vor
haben die Schüler nicht mitzureden.
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h)
Sich selbst
in die Hand zu nehmen kostet Mühe.
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2)
Erklären Sie
kurz, wie die Schule vor der Wende war (Material,
Pädagogisch? Idealistisch), so wie es Thomas
erklärt.
Material: .............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
Pädagogisch:
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Idealistisch:
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3) Finden Sie im Text vier Zitate, in
denen der Schock der Wende auf Thomas zum
Ausdruck kommt!
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Compétence linguistique:
1)Füllen Sie den Text aus.
Wie viel..... Deutsche hatten Sabine den
................ November vor dem Fernseher ................. . Sie hatte
gesehen, wie die Berlin...... Mauer spät ........ Abend geöffnet
................. war und wie Tausende von ................... in d.........
Westen geströmt waren. Sie hatte .............. Freude geweint. Das Mädchen war
Anfang August ..........
Ungarn in die Bundesrepublik .............. . Sie
hatte ................ gedacht, dass sie ihre Heimat niemals wiedersehen ...........
. Jetzt ............ sie also wieder .............. Leipzig zurück, falls sie
es wünschte. Nun bekam sie einen Brief von Thomas, .......... über die
Ereignisse ..........., die sich ............. der Wende in der Schule
....................... abgespielt hatten. Sabine war erstaunt; nie
.............. sie gedacht, dass die Dinge sich so schnell ............ würden.
2)Hier haben Sie vier
Situationen, über die Thomas spricht. Finden Sie für jede zwei
andere Redewendungen.
a) Le 10 novembre, Thomas ne voit pas son camarade Stefan en classe. Est-il resté
à l’Ouest ? Il le suppose :
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…………………………………………………………………………………….
b) Thomas n’est pas allé à l’Ouest le 9 novembre. Il en exprime le regret :
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c) Sabine viendra-t-elle lui rendre visite ? Il l’espère :
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d) L’école a changé. Il s’en réjouit :
…………………………………………………………………………………….
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3)Übersetzung:
Von
„ Ach Sabine...........“bis „......ein echter Bundi geworden.“
Expression écrite:
Wählen Sie einen der beiden
Übungen aus: (ungefähr 120 Wörter)
a)
Fünf Jahre
sind nun vergangen. Stellen Sie sich vor, was aus Thomas geworden ist!
b)
Halten Sie
persönlich die Rolle eines Klassensprechers für wichtig? Begründen Sie
Ihre Antwort!